Warum ist der sogenannte Atomkonsens keiner, warum gibt sich die Anti-Atom-Bewegung damit nicht zufrieden?
- Das Wort „Konsens“ ist hier nicht angebracht. Es ist kein gesellschaftlicher Konsens, sondern eine Vereinbarung, die ausschließlich zwischen Vertretern der Bundesregierung und der Energieversorgungsunternehmen getroffen wurde. Das ist etwa so, als würde man mit der Fleischerinnung eine Übereinkunft über die flächendeckende Einführung der vegetarischen Ernährung treffen.
- Der „Konsens“ bringt nicht den Atomausstieg. Ich zitiere wörtlich aus der Konsensvereinbarung: „Die Bundesregierung gewährleistet den ungestörten Betrieb der Kernkraftwerke sowie deren Entsorgung.“
- Die Laufzeiten gehen weit über das hinaus, was ursprünglich überhaupt technisch für möglich gehalten wurde. Sie werden in Strommengen berechnet. Es darf noch einmal soviel Strom produziert werden wie bisher; damit verdoppelt sich auch die Menge des Atommülls.
- Die Strommengen sind übertragbar – sie können von unrentablen alten Meilern auf rentable neue verschoben werden. Geht ein Reaktor früher als geplant vom Netz, so läuft ein anderer dafür umso länger.
- Der heutige Sicherheitsstandard wird festgeschrieben. Bereits heute verfügen die Kraftwerke nicht über die aktuelle Sicherheitstechnologie. Neue Erkenntnisse brauchen künftig nicht mehr berücksichtigt zu werden.
- Während alle anderen Energieträger, z. B. Kohle, Öl oder Gas, besteuert werden, bleibt Uran auch weiterhin steuerfrei.
- Die Versicherungssumme für Atomkraftwerke wurde verzehnfacht – von 0,01% auf 0,1% der bei einem GAU zu erwartenden Schäden. Dadurch wurden die Betreiber nicht einmal finanziell belastet, denn sie schließen sich zu einem großen Versicherungspool zusammen und haften künftig füreinander.
- Die sogenannte Wiederaufarbeitung von Atommüll geht weiter. Sie wird auch nicht 2005 beendet, wie oft zu lesen ist. Lediglich die Transporte in die WAA sollen 2005 gestoppt werden. Laut Betreiberfirma kann die Anlage in La Hague mit dem bis dahin angelieferten Material noch bis 2015 weiterarbeiten.
- Es gibt keine Versuche der Bundesregierung, den Import von billigem Atomstrom aus Nachbarländern zu verhinden. Man könnte z. B. den Energieversorgungsunternehmen verbieten, Verträge mit Unternehmen wie der CEZ einzugehen, die den Pannenreaktor von Temelin betreibt.
Dieser Text stammt von 2002 ist jedoch auch auf den „neuen Atomkonsens“ von 2011 ähnlich anwendbar. Die Geschichte zeigt: Erfolge und Stilllegung von Atomkraftwerken werden erkämpft, es gibt keinen Konsens mit den Energiekonzernen.