Quelle nirgendwo.info
An verschiedenen Orten auf der Welt wird Uran unter Scheiß-Bedingungen für Mensch und Umwelt abgebaut. Es wird mit Zügen, Schiffen und LKWs durch die Welt geschippert, angereichert, Brennelemente daraus gebaut und so weiter und so fort. All diese Schritte produzieren radioaktiven Müll der verdammt lange strahlt und Krieg wird damit auch noch geführt. Eigentlich sollte klar sein, dass das nicht so schlau ist, aber Staaten und Konzerne sind halt nicht von der schlauen Sorte und mehr an Gewinn und Wachstum interessiert. Weil sie das nicht zugeben können, findet heute dieses Schauspiel statt, ich wünsche viel Vergnügen.
Mit diesen Worten ging es heute zum Auftakt einer neuen Prozesserie am Amtsgericht Lingen um 9 Uhr los. Wie schon häufiger in der Vergangenheit gibt es heute wieder einen Prozess rund um die Brennelementefabrik. Heute stand Simon vor Gericht.
Simon ist der erste von 7 Menschen denen vorgeworfen wird am „Altjahresabend 2022„ wie es im Strafbefehl so schön heißt auf dem Dach der Brennelementefabrik Lingen gegen genau diese protestiert zu haben. Die kommenden Monate wird es also ein paar Verfahren geben, von den wir berichten können. Wir wünschen dem Amtsgericht Lingenschon mal viel Spaß dafür, wir sind ganz zuversichtlich das wir den haben werden. Heute ging’s auch schon mal gut los…
Richter Wulftange hat heute auf jeden Fall sein bestes gegeben nicht aus der Fassung zu geraten. Hat auch erst mal ganz gut funktioniert, bei dem Antrag auf Wahlverteidigung gab’s nur ein paar fragende Blicke zur Staatsanwaltschaft und ein zögerliches „wegen mir könnten wir den Antrag auch jetzt annehmen…„ Der Meinung war die Staatsanwaltschaft nicht ganz, nach ein bisschen Hin– und Her–Geplänkel wurde die Wahlverteidigung dann aber doch zugelassen.
Nach der Verlesung des Strafbefehls, wurde die Verhandlung dann erst mal für eine Stunde unterbrochen, damit die Verteidigung Akteneinsicht nehmen kann. Um 10.30 ging‘s dann weiter mit der Einlassung des Angeklagten Simon: „Ich gestehe von Staat und seinen Instutionen nur das Schlechteste zu erwarten. Ich vertraue den Angestellten nicht, denn wenn wir uns umschauen, wurden und werden die grausammsten und wiederlichsten Handlungen im großen Maße von Beamt*innen und Soldat*innen begangen. Also von Angestellten des Staates!„
Vorhang zum 2. Akt – die Beweisaufnahme:
Erster Zeuge tritt auf: PK A. Der kann nicht viel sagen, war am besagten Silvesterabend zwar im Dienst, aber nicht auf dem Dach, um das es in der Verhandlung geht. Er stand die ganze Zeit vor Brennelementefabrik unter dem Banner. An das, was auf dem Banner draufstand, kann er sich allerdings nicht mehr erinnern. Und auch nicht an so viel mehr, auch nicht an die angeklagte Person.
Der zweite Zeuge POK V.wirkt als habe er seinen Bericht auf jeden Fall sehr gut auswendig gelernt. Er berichtet von verschiedenen Versammlungen an verschiedenen Orten am 31.12.2022 vor dem AKW und der Brennelementefabrink in Lingen, 100 m vor dem Tor, direkt vor dem Tor und auf dem Dach. Da war anscheinend einiges los. An die angeklagte Person kann er sich allerdings auch nicht erinnern. Nach der Vernehmung wird sich im Flur auf jeden Fall eifrig mit den anderen Zeugen und Kollegen ausgetauscht.
Die Vernehmung des 3. Zeugen PK K. hat gerade erst begonnen. K. kann sich auch an Simon nicht mehr erinnern. Da hakt der Staatsanwalt ein, dass das ja auch ziemlich daneben sei mit der Perücke die Simon auf hat und er solle die einmal abziehen. Ob das mit der falschen Haarpracht jetzt wirklich das Problem ist, oder eher, dass sich keiner von den Zeugen erinnern kann, bleibt offen. Naja, Richter Wulftange fagt jedenfalls ganz erstaunt:„Ist das ne Perücke oder ist das keine?„ Darauf hin Simon: „Natürlich ist das ne Perücke, das sieht man doch!„
Der Herr Oberstaatsanwalt beantragt, die Perücke die der Angeklagte trägt zu entfernen. Auf die Nachfrage, ob die Staatsanwaltschaft die doch recht offensichtliche Perücke auch als solche wargenommen hat kommt die Antwort: „Dazu äußere ich mich nicht, aber ich könnte ihnen ja eine Fantasiegeschichte erzählen.„ So oder so es gibt eine Pause, um das zu klären. Die nutzt Richter Wulftange unter anderem um Zeugen V. erneut zu laden und ihn auch gleich zu bitten, eine Streife mitzubringen, um bei der Entfernung der Perücke behilflich sein zu können. Warum genau das jetzt so wichtig ist mit der Perücke erschließt sich für die zuschaueneden nicht so ganz, Haare können ja wachsen oder ausfallen oder die Farbe verändern. Und die ganze Aktion ist mitlerweile 1,5 Jahre her. Auf jeden Fall wird ausgibig über Glatzen und Frisuren diskutiert, Buchweizen hilft gegen Glatzen aber vielleicht dann doch lieber eine Glatze als Buchweizen?
Nach der Pause zieht Simon die Perücke aus, die Streife kann abbestellt werden. Simon kann aber weder von K., noch im späteren Verlauf bei der erneuten Vernehmung von V., erkannt werden. Auch die weitere Vernehmung von K. bringt nichts neues zu Tage. Er kann sich daran erinnern das es an dem Abend in Osnabrück geregnet hat, an viel vor Ort aber nicht mehr.
Nach den Zeugen ist nicht mehr so viel passiert. Ein Banner fällt aus dem Fenster des Gerichtsaals, (das mit dem Lüften war aber auch wirklich aufwändig) und eine Einstellung kommt für die Staatsanwaltschaft auf keinen Fall infrage. Es wird also vertagt. Bei der Terminsuche musste sich Richter Wulftange dann doch noch sehr zusammenreißen, ihm wird wohl nicht so gerne dazwischengeredet. Ein Termin wird dann doch gefunden, weiterverhandelt wird dann am 25.07.2024 um 11 Uhr. Wir sind gespannt, wie es weitergeht.