Die Unternehmen HHLA und Hapag-Lloyd (an denen die Stadt Hamburg Anteile hält) wollen künftig auf den Transport von Kernbrennstoffen verzichten. „Atomtransporte im Hafen stehen vor dem Aus“ hieß es sogleich im Hamburger Abendblatt. Doch was bedeutet dieser Verzicht wirklich?

  • Hapag-Lloyd: Die Firma transportierte auch schon bisher nur Stoffe vor dem Anreicherungsprozess, beispielsweise Uranhexafluorid für die Urananreicherungsanlage in Gronau, also keine sogenannten Kernbrennstoffe. Hapag-Lloyd verzichtet also auf gar nichts. Im Gegenteil, die Transporte mit Uranhexafluorid, die Hapag-Lloyd durchführte stiegen von knapp 1000 Tonnen 2014 auf rund 3000 Tonnen 2017. Ausbau statt Verzicht scheint hier die Devise zu sein.
  • HHLA: Der Verzicht der HHLA ist schon bedeutsamer. Auch hier wird der Umschlag der sonstigen radioaktiven Materialien, vor allem über das Terminal Altenwerder weiter gehen – darauf wird nicht verzichtet. Etwa die Hälfte der Kernbrennstofftransporte in Hamburg wurden bisher über HHLA-Terminals abgewickelt.
    Update 28.4.2018: UNIKAI (eine Firma die zu 51% der HHLA gehört) ist nicht von dem Umschlagverzicht betroffen, anders als zunächst angenommen. Damit werden nur etwa 10% der Kernbrennstoffe über HHLA-Terminals abgewickelt und nicht die Hälfte.
  • Eurogate, C. Steinweg und UNIKAI: Die drei anderen am Atomumschlag beteiligten Firmen haben bisher keine Verzichtserklärung abgegeben. Da bei C.Steinweg Uranerzkonzentrat umgeschlagen wird, würde ein Verzicht nur auf Kernbrennstoffe ebenso wie bei Hapag-Lloyd  bedeutungslos sein. Eurogate schlug bisher etwa ein Drittel der Kernbrennstofftransporte um, der UNIKAI etwa 43 %.
  • Hamburg insgesamt: Die Kernbrennstofftransporte machten 2017 mit einer Anzahl von 21 und einer Masse von etwa 300 Tonnen  nur einen geringen Teil aus gegenüber den Transporten sonstiger radioaktiver Stoffe (vor allem Uranzerkonzentrat und Uranhexafluorid) mit über 8000 Tonnen in 98 Transporten. Davon wurden 12 an Terminals der HHLA (inklusive Unikai) umgeschlagen, das enspricht etwa zwei Drittel der Kernbrennstofftransporte.

Der Großteil der Transporte über Hamburg wird also weiter gehen. Trotzdem sind diese Verpflichtungen vielleicht ein Ansatzpunkt um mit weiteren Protestaktionen und politischem Druck mehr zu erreichen, immer im Kampf um eine Welt ohne Atomkraft, Atomwaffen und Kapitalismus.

Hier dokumentieren wir auch die verschiedenen Reaktionen von Anti-Atom-Gruppen.

Pressemitteilung der Gruppe SAND 18.4.2018: Hamburger Hafen, internationale Drehscheibe für Atomtransporte trotz eingeschränkten Verzicht auf Kernbrennstoff-Transporte

Unser Protest zeigt ersten Erfolg – unser Widerstand geht weiter!

Der Verzicht von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) auf Transporte von Kernbrennstoffen ist ein erster wichtiger Schritt. Die Gesamtmenge der Kernbrenstoffe 2017, die über den Hamburger Hafen ging betrug 367 Tonnen. Als Kernbrennstoffe gelten unbenutze Brennelemente, angereichertes Uranhexafluorid und Uran-Pellets.
Über die von der HHLA bertiebenen Häfen (Unikai, Altenwerder CTA, Athabaskakai CTB) wurden 2017 über 180 Tonnen Kernbrennstoffe (49%) umgeschlagen und weitere 61 Tonnen Kernbrennstoffe (18%) im Transit abgewickelt.
Die restlichen 125 Tonnen Kernbrennstoffe (34%) wurden im Eurogate umgeschlagen.

Auch wenn nun die HHLA auf Kernbrennstoffe verzichten will, haben sie am „Unikai“ noch schnell Brennelemente für das neu gebaute AKW in Finnland umgeschlagen.
Der Verzicht soll sich aber nicht auf die sonstigen radioaktiven Stoffe, die dem Zweck nach zur Verarbeitung zu Kernbrennstoffen (Vorprodukte) dienen, gelten. Nach Auswertung der Drucksachen des Hamburger Senates wurden 2017 im Hamburger Hafen 7.756 Tonnen dieser sonstigen radioaktiven Stoffe transportiert. Dazu gehört das hoch giftige Uranhexafluoried (nicht angereichert) mit 3.741 Tonnen und Uranerzkonzentrat mit 3.918 Tonnen (entspricht ca. 200 Container). 
Es finden aber auch über die Straßen im Hamburger Gebiet weitere Atom-Versorgungstransporte statt. So betrug die Gesamtmenge der Kernbrennstoff 2017, die über das Hamburger Stadtgebiet abgewickelt wurden, über 850 Tonnen. Die sonstigen radioaktiven Stoffe machten 2017 insgesamt über 8.100 Tonnen aus.

Hier wird wiedereinmal die Sicherheit der Bevölkerung durch den rot-grünen Senat machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Die nun ausgeschlossenen Stoffe machen nur einen Bruchteil der Atom-Versorgungstransporte aus.

„Wenn der politische Wille vorhanden wäre wäre eine vollständige Sperrung möglich.
Aber eine Sperrung werden wir nicht nur erreichen durch Analysen, Argumente, Appelle, juristische Prozess, sondern da müssen wir schon selbst Hand anlegen.“

Somit rufen wir auch zu der Demonstration zum Tschernobyl Jahrestages in Brokdorf, am Sa. 22.04.18, um 12 Uhr, auf.

Diese Transporte müssen immer im Zusammenhang mit ihrer Funktion, den Betrieb von Atomkraftwerken zu gewährleisten, gesehen werden.
Atomtransporte stoppen heißt – die Atomanlagen stilllegen, und das ist genau unser Ziel.

Wir setzten uns für den sofortigen und endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie und den dazugehörigen Infrastrukturen ein, und zwar weltweit!

Der Hamburger Senat heuchelt, wenn er behauptet das dieser freiwilliger Verzicht ein großer Schritt sei. Hapag-Lloyd transportierte bislang sowieso keine Kernbrennstoffe. Sie beliefert aber u.a. die einzige deutsche Urananreicherungsanlage in Gronau mit hochgiftigem Uranhexafluorid (UF6) welches dort angereichert wird. Ebenfalls wird Uranerzkonzentrat (Yellow Cake) transpotiert.
Und mit C.Steinweg über einen Verzicht von Kernbrennstoffen zu reden macht wenig Sinn. Sie schlagen Uranerzkonzentrat von Schiffen der Maritime Carrier Shipping Rederei (MACS) um. Dieses ist kein Kernbrennstoff im Sinne des Atomgesetzes, aber das Uranerzkonzentrat dienen zur Herstellung der Kernbrennstoffe.
Auch rechtliche Bedenken gegen ein Verbot von Atomtransporten sind nur vorgeschoben. Eine vom Bremer Senat beauftragte Kanzlei hielt dem entgegen, „dass einer Teilentwidmung der Häfen grundsätzlich keine rechtlichen Hindernisse entgegen stünden.“

Diese Atomtansporte nur sicherer zu machen halten wir für unzureichend, denn auch mit den sichersten Transporten wären z.B. die Katastrophen in Tschernobyl oder in Fukushima nicht verhindert worden. Deshalb müssen alle Atomtransporte gestoppt werden!

Für die vollständige Entwidmung aller Häfen und Städte für Atomtransporte!
Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit!

Wir recherchieren, beobachten und protestieren seit langem intensiv zu den Atomtransporten durch den Hambuger Hafen. Für Hintergrund Gespräche stehen wir auch gerne zu Verfügung:
https://sand.blackblogs.org/

Pressemitteilung von Robin Wood und Contratom vom 12.4.18: Verzicht auf Atomtransporte im Hamburger Hafen? Vor allem heiße Luft!

Der freiwillige Verzicht umfasst nur einen Bruchteil der Transporte radioaktiver Stoffe im Hamburger Hafen

Der angekündigte Verzicht der Unternehmen HHLA und Hapag-Lloyd auf den Umschlag von Kernbrennstoffen in Hamburg ist ein kleines Zugeständnis, aber noch lange kein Durchbruch in der Auseinandersetzung um die Sperrung des Hafens für sämtliche Atomtransporte. Das stellen ContrAtom und ROBIN WOOD fest, die sich seit Jahren im Bündnis „Atomtransporte durch Hamburg stoppen!“ engagieren.

Medien brachten gestern Schlagzeilen wie „Atomtransporte im Hafen stehen vor dem Aus“ (Hamburger Abendblatt) oder „Hafenunternehmen verzichten auf Atomumschlag“ (NDR). In den Artikeln wurde berichtet, dass die Reederei Hapag-Lloyd und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) künftig freiwillig auf den Umschlag von Kernbrennstoffen verzichten. Hamburger Atomkraftgegner*innen weisen darauf hin: Die Erfolgsmeldung ist nicht so groß, wie sie sich anhört. Praktisch machen die Transporte, auf die jetzt freiwillig verzichtet werden soll, nur etwa zehn Prozent der durch Hamburg beförderten radioaktiven Stoffe aus.

Im Jahre 2017 wären das 12 von 119 Transporten gewesen, bezogen auf das Gewicht sogar noch weniger. Die Zahlen beruhen auf Recherchen der Hamburger Systemoppositionellen Atomkraft Nein Danke-Gruppe.

Zum einen umfasst der Verzicht nur Kernbrennstoffe laut Atomgesetz, das heißt Stoffe, die spaltbar sind, insbesondere Uranprodukte erst nach dem Anreicherungsprozess. Nicht verzichtet wird also auf den Umschlag von Uranerzkonzentrat und nicht angereichertem Uranhexafluorid, beides sind Zwischenprodukte auf dem Weg zur Produktion von Brennelementen für Atomkraftwerke.

Hapag-Lloyd beförderte 2017 etwa 3.000 Tonnen (Bruttomasse) nicht angereichertes Uranhexafluorid in 12 Transporten, aber kein einziges Mal Kernbrennstoffe. Alle Atomtransporte durch Hapag-Lloyd werden also weiter gehen, vielleicht sogar zunehmen. Vor dem Amtsantritt des rot-grünen Senats 2015 wurden durch Hapag-Lloyd nur knapp 1.000 Tonnen Uranhexafluorid über Hamburg transportiert. Versorgt wird mit dem Uranhexafluorid vor allem die Urananreicherungsanlage in Gronau, die eine unbefristete Betriebsgenehmigung hat und weiterhin Uran für alle Welt anreichern darf.

Auch der Verzicht der HHLA bedeutet lange nicht das Aus der Atomtransporte in Hamburg, auch wenn dieser durchaus ein Anfang ist. Viele der über das HHLA-Terminal Altenwerder abgewickelten Atomtransporte werden weiter gehen, weil es sich dort vorwiegend um nicht angereicherte radioaktive Stoffe handelt, insbesondere um das – auch chemisch extrem gefährliche – Uranhexafluorid und um Uranerzkonzentrat. Beide Stoffe dienen dem unverantwortlichen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken. Tritt bei Unfällen Uranhexafuorid aus, bildet es zusammen mit Luftfeuchtigkeit Flusssäure, die zu tödlichen Verätzungen führen kann. Der Abbau von Uran verursacht enorme ökologische Schäden und Menschenrechtsverletzungen.

„Dass zwei Hafenbetriebe nach vielen Protestaktionen endlich auf den Umschlag eines Teils der radioaktiven Stoffe verzichten, ist ein längst überfälliger Schritt, der bei weitem nicht ausreicht. Der Hamburger Hafen bleibt so weiterhin eine zentrale Drehscheibe für das riskante Geschäft der Atomindustrie weltweit. Ziel muss es sein, dass HHLA, Hapapg-Lloyd und alle weiteren im Hafen tätigen Unternehmen sämtliche Atomtransporte einstellen. Wenn dies nicht freiwillig geschieht, ist eine gesetzliche Regelung nötig“, sagt Ronja Heise, Energiereferentin bei ROBIN WOOD.

ContrAtom ergänzt: „Viel herausgekommen ist bei dem freiwilligen Verzicht nicht. Im Hafen wird weiter Profit vor dem Schutz der Gesundheit der Menschen hier oder beim Uranabbau gehen – geschützt durch den Senat mit kleinen Happen zur Beruhigung der Bevölkerung. Deshalb bleiben auch weiter entschlossene Aktionen gegen die verbliebenen Transporte notwendig.“

Atomkraftgegner*innen stehen für ihre Aktionen gegen die Transporte immer wieder vor Gericht. Der nächste Prozesstermin ist am 25. April um 9:00 Uhr vor dem Amtsgericht Hamburg-Harburg wegen einer Abseilaktion gegen einen Urantransport aus der Firma C. Steinweg – die bisher keinerlei Verzicht ankündigte.

 

Pressemitteilung  BUND Hamburg vom 11.4.18: Weniger Atomtransporte im Hamburger Hafen

Atomtransporte im Hamburger Hafen: Der Anfang ist gemacht!
HHLA und Hapag Lloyd verzichten auf Transport von Kernbrennstoffen /
BUND fordert Einstellung aller Atomtransporte bis spätestens Ende 2018

Der BUND Hamburg begrüßt die aktuelle Ankündigung der Unternehmen HHLA und Hapag Lloyd, keine Kernbrennstoffe mehr über den Hamburger Hafen umzuschlagen. Dies sei ein wichtiger Schritt dafür, die entsprechende Vereinbarung im rot-grünen Koalitionsvertrag zu erfüllen. Die gefährlichen Atomtransporte stehen seit Jahren in der Kritik. Der Hamburger Hafen ist bislang eine zentrale Drehscheibe für die weltweiten Urantransporte. Jährlich werden zwischen 150 und 170 radioaktive Transporte über Hamburg abgewickelt.

„Der Anfang ist gemacht. Wir hoffen, dass Wirtschaftssenator Horch nun bis spätestens Ende des Jahres auch die privaten Umschlagsunternehmen wie etwa Eurogate oder C. Steinweg auf seine Seite ziehen kann.
Ansonsten muss eine tragfähige gesetzliche Regelung her, die alle Atomtransporte über den Hamburger Hafen verbietet“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Die Atomtransporte über den Hamburger Hafen finden weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Im Jahr 2013 wurde jedoch durch einen Brand auf der Atlantic Cartier im Hamburger Hafen deutlich, wie real die Gefährdung durch Atomtransporte für die Hansestadt ist. Das Schiff hatte Behälter mit extrem giftigen Uranhexafluorid geladen und brannte trotz eines massiven Feuerwehreinsatzes fast zehn Stunden.